Andrea Koschier hat als einstmals beste Straßenrad-Fahrerin Österreich profunde Kenntnis vom Radsport. Im Mountainbike-Weltcup der Damen fiebert sie mit den heimischen Assen Laura Stigger und Mona Mitterwallner mit. Im Interview mit sportszene.tirol analysiert sie die bisherigen Events und blickt voraus.
Lass uns auf den Weltcup-Auftakt in Brasilien blicken. Wie sieht dein Fazit aus?
Sowohl Laura als auch Mona haben einen tollen Start in die Weltcupserie hingelegt. Der Sieg von Pauline Ferrand-Prevot im Short Track von Petropolis war ähnlich herausgefahren wie ein Sieg im Straßenrennen. Erst ganz zum Schluss die Nase in den Wind. Sie fuhr jahrelang Straßenrennen, war am Rennrad auch Weltmeisterin. Lauras Zielsprint war richtig clever. Eine Evie Richards, die ja auch nicht gerade sprintschwach oder gar zimperlich ist, wenn’s um’s Ausfahren der Ellenbogen geht, muss man erstmal knacken. Im Cross Country habe ich mich über den ersten Sieg von Rebecca McConnell gefreut. Laura startete stark, hielt sich konstant vorne. Mona wiederum rollte das Feld von hinten auf, konnte Laura kurzzeitig sogar überholen. Sie konnte dann aber noch zusetzen und kontern. Die Plätze vier und fünf waren fantastisch.
Deine Eindrücke vom Short Track in Albstadt?
Laura konnte sich mit gutem Start gleich wieder in der Spitzengruppe festsetzen. Offensichtlich stresst sie das enge Fahren gar nicht und sie hat immer die Rennübersicht. Mona hat in diesem Bewerb noch Probleme, sich im Feld zu bewegen, es kommt ihr auch von der Fahrweise nicht so entgegen. Der fatale Sturz zur Rennmitte machte für Laura ein Spitzenergebnis dann leider unmöglich. Auch für Mona reicht es leider zu keinem Top-Ergebnis.
Beim Cross-Country Rennen in Albstadt konnten beide überzeugen.
Der dortige Kurs ist wie zugeschnitten auf Mona, denn es ist ein „Climbers Course” mit zwei langen und schweren Anstiegen. Laura hat wieder Pech, muss bald nach dem Start wieder kurz vom Rad. Danach rollen beide im Grunde das Feld von hinten auf. Mona gelingt das schneller, Laura hat anfangs etwas Mühe, in Tritt zu kommen. Mona kann bald zur Verfolgergruppe um Loana Lecomte aufschließen. Die neuerlich bärenstarke Rebecca McConnell und Olympiasiegerin Jenny Rissveds kann sie nicht mehr kassieren, darf aber als Dritte über ihren ersten Podestplatz im Elite-Weltcup jubeln. Schließlich macht auch Laura binnen kurzer Zeit viele Plätze gut und kann den Zielsprint mit Pauline Ferrand-Prevot um Platz sechs für sich entscheiden. Typisch Laura eben – sie gibt nie auf.
Deine Lehren aus Albstadt?
Die Schweizerinnen Jolanda Neff, Sina Frei und Linda Indergand (bei den Olympischen Spielen in Tokio gemeinsam am Podest), welche die Plätze neun bis elf belegten, sind aktuell in Lauerstellung. Mit Alessandra Keller hat eine weitere Eidgenossen mit Rang fünf aufgezeigt. Weltmeisterin Evie Richards hat noch mit Rückenproblemen zu kämpfen. Und die Dominatorin des Vorjahres, Loana Lecomte, fährt heuer vorerst nicht mehr allen davon. Zu Mona und Laura: Die Plätze drei und vier in der Weltcup-Zwischenwertung – was will man mehr! Mona ist derzeit bei langen und steilen Bergaufstrecken unschlagbar, und Laura hat noch keinen Sprint verloren.
In Nove Mesto wartet ab Freitag völlig anderes Terrain als zuletzt in Albstadt. Deine Erwartungen?
Statt zweier langer warten dort fünf bis sechs kurze Anstiege. Alle werden mit einem Fully fahren, das sagt auch was über die Beschaffenheit der Strecke aus.
Wer wird gewinnen?
Oh, das ist schwer zu sagen. In beiden Rennen würde ich meinen, können zehn Fahrerinnen in die Top drei und 30 Fahrerinnen in die Top Ten fahren. Mein Tipp ist, dass Rebecca McConnell wieder gewinnt. Wenn es regnen sollte, ist aber Pauline Ferrand Prevot meine Favoritin. Bekommt Laura ihre aus zwei Stürzen in jüngster Vergangenheit resultierenden Blessuren in den Griff, dürfen wir hoffen. Ich hoffe und tippe auf zwei Top-fünf-Plätze für sie. Mona und Nove Mesto ist im Elitebereich noch eine unbekannte Kombination – lassen wir uns überraschen, und halten wir die Daumen.
Fotos: Michele Mondini, Michal Cerveny