Es war der sechste Versuch als Livestream und die Voraussetzungen waren denkbar schlecht. Nach mehr als 20 Stunden Dauerregen ist Jakob Schubert, sechsfacher Kletterweltmeister aus Österreich, am Mittwochnachmittag in die Route, die in der Szene als die vielleicht schwierigste der Welt eingestuft wird, eingestiegen.
Knapp 20 Minuten, eine gelungene Schlüsselstelle nach gut 85 Griffen und einem abschließenden Boulder später, schreit sich der 32-jährige Innsbrucker die Emotionen im Seil hängend aus der Seele.
„Der größte mentale Kampf, den ich in meiner Karriere je hatte“, waren seine ersten Worte zurück am Fuße der gigantischen Hanshelleren-Höhle in Flatanger, Norwegen.
Noch nie konnte die erfolgreiche Erstbegehung einer so schwierigen Kletterroute live am Bildschirm mitverfolgt werden. „So nervös! Mental so verrückt. Beim Einsteigen in die Route habe ich mich nicht so gut gefühlt, doch dann war ich am Ende des ersten Boulders so viel besser. Nachdem ich auf dem Sloper kurz vor der Schlüsselstelle meinen Arm ausschütteln konnte, war ich unfassbar nervös. Ich glaube, ich war beim Klettern überhaupt noch nie so aufgeregt.“
Die Route wurde vor zehn Jahren vom tschechischen Ausnahmekletterer Adam Ondra erschlossen, blieb seither aber ein unvollendetes Projekt. Im Herbst 2022 reist Schubert auf Einladung Ondras erstmals mit ihm nach Norwegen, beide scheitern knapp. Ondra probiert die Route im Frühjahr, allerdings ohne Erfolg. Schubert entschied sich vorab für eine andere Herangehensweise: zuerst die Weltmeisterschaft und Olympiaqualifikation, danach das Felsprojekt.
Jetzt kehrte er allein für einen zweiten Anlauf zurück. Und schaffte es am 20. Septembe, die Route, die als ‚Project Big‘ in Angriff genommen wurde, erfolgreich zu durchsteigen. „Ich habe es fast zwei Monate versucht und es hat eine Weile gedauert, aber heute war der Tag!“
Wer den Live-Versuch verpasst hat, kann den Durchstieg auf Jakob Schuberts YouTube Kanal nachschauen.
Foto: Moritz Klee/Nodum Sports