IFSC/Jan Virt

Lead-Spektakel von Schubert

Jessica Pilz und Jakob Schubert sind auf Kurs. Die beiden rot-weiß-roten Kletter-Asse überstanden am Mittwoch bei der Kletter-Weltmeisterschaft in Bern (SUI) das Halbfinale des olympischen Formates (Boulder & Lead-Bewerb) und zogen in das Finale der besten Acht ein. Während Pilz souverän den Aufstieg schaffte, musste Schubert im Vorstieg wieder ein Ass aus dem Ärmel zaubern. Am Freitag (Frauen) und Samstag (Herren) geht es für das Duo nicht nur um WM-Medaillen, sondern auch um eines der begehrten Olympia-Tickets – die Top-3 pro Geschlecht qualifizieren sich für Paris 2024. Nicolai Užnik holte am Ende eines intensiven Arbeitstages den 18. Platz.

Bereits am Mittwochvormittag sorgte Olympia-Teilnehmerin Jessica Pilz für einen gelungenen Auftakt. Nach dem Bouldern lag die in Innsbruck lebende Niederösterreicherin nach einem Top und mit 44,4 Punkten auf Zwischenrang sieben und schuf sich eine perfekte Ausgangsposition für den Lead-Bewerb. Mit einer beherzten Leistung zeigte die 26-Jährige im Vorstieg einmal mehr ihre Klasse und zog mit Gesamtrang sechs (98,5 Punkte) souverän in das angepeilte Finale ein.

„Die Boulder waren heute schwer einschätzbar. Ich bin am Anfang nicht gut hineingekommen und war gerade bei den ersten beiden Bouldern etwas planlos. Das Top am dritten Boulder war dann sehr wichtig. Ich bin froh, dass ich nach dem ersten Teilbereich halbwegs gut dabei war. Vom Gefühl her ist es mir nicht so vorgekommen, aber die Runde dürfte wirklich sehr schwer gewesen sein“, erklärte Pilz und zeigte sich nach einer knackigen Lead-Route über den Aufstieg ins Finale erleichtert: „Ich bin im Vorstieg auf Sicherheit geklettert. Ich wollte einfach sichergehen, dass nichts Ungeplantes passiert. Daher hat sich das nicht so locker und angenehm angefühlt. Mein Ziel war es, ins Finale zu kommen, das habe ich heute erreicht. Am Freitag wird es wichtig sein, dass man nicht immer rechnet, sondern den Fokus aufs Klettern legt. Wenn man das Beste gibt, kommt der Rest automatisch.“

Unglaubliche Schubert-Show im Lead 

Für Jakob Schubert und Nicolai Užnik sollte der Boulder-Bewerb nicht unbedingt nach Wunsch verlaufen. Das KVÖ-Duo fühlte sich gut in Form, fand aber im schwierigen Halbfinale nicht in den gewünschten Flow. Am Ende belegte Užnik mit 49,5 Punkten Rang 17, gefolgt vom Vorstiegs-Weltmeister Schubert, der 44,8 Punkte erreichen konnte. Wie schon in Tokio sorgte der Olympia-Bronzemedaillengewinner, der als vorletzter Athlet in die Finalroute einstieg, in seiner Paradedisziplin für eine fulminante Aufholjagd und demonstrierte im Vorstieg seine Vormachtstellung. Der 32-jährige Tiroler überholte Athleten um Athleten und schaffte am Ende mit dem Top und Gesamtrang fünf (144,8 Punkte) doch noch den Einzug ins Finale des olympischen Formates. Der Ausnahmeathlet brachte bei seiner spektakulären Show die Halle einmal mehr zum Beben und untermauerte seine Ambitionen. Sein Teamkollege Užnik nahm den Kampf ebenfalls an und beendete den Boulder & Lead-Bewerb auf Rang 18 (91,6 Punkte).

„Eigentlich fühle ich mich in einer sehr guten Boulder-Form, daher war ich sehr enttäuscht, dass ich das heute nicht zeigen konnte. Es waren wenige Boulder dabei, an denen ich meine Stärken ausspielen hätte können – vielmehr waren sie sehr technisch ausgelegt. Es ist dann mental nicht immer ganz einfach, wenn man weiß, man kann sie lösen, braucht halt nur das Quäntchen Glück auf seiner Seite. Die Ausgangssituation war dementsprechend schwer“, sagte Schubert und strahlte unmittelbar nach dem Vorstieg: „Es hat mich heute an Tokio erinnert. Da bin ich vor dem Vorstieg auch mit dem Rücken zur Wand gestanden. Daher konnte ich befreit klettern, das kommt sonst nicht so oft vor. Es hat unglaublich Spaß gemacht, auch wenn ich diese spannende Ausgangsposition gerne vermieden hätte. Mit dem WM-Titel und meinen Leistungen habe ich mir auch in der Schweiz einen Namen gemacht, daher habe ich mich nach dem Top feiern lassen und wollte mich einfach für diesen tollen Support bedanken. Ich habe zwar noch nicht gewusst, ob es reicht, aber es hat sich supergut angefühlt. Mein Mindset war heute einfach perfekt. Meine Form im Vorstieg hilft mir extrem, jetzt muss ich am Samstag auch eine gute Boulder-Runde hinlegen. Ich will den olympischen Spot, aber da muss einfach alles passen.“

Užnik zeigte ebenfalls, dass er mit der absoluten Weltspitze mithalten kann. „Ich bin eigentlich sehr gut in die Runde gestartet und war beim ersten Boulder knapp am Top dran. Den zweiten habe ich schnell gelöst, dann ist es bergab gegangen. Ich hatte mehrere Varianten im Kopf, hab sie aber nicht mehr an die Wand gebracht. Ich wollt mir in meiner besseren Disziplin unbedingt einen Punktepolster erarbeiten, das ist leider überhaupt nicht aufgegangen“, sagte er. „Die Schulter hat sich richtig komisch angefühlt, das war eine echte Schrecksekunde. Sie dürfte aber nur ein wenig beleidigt sein, aber das war im ersten Moment ein Schock für mich und hat mich an meine Verletzung erinnert. Auf meine Lead-Performance blicke ich mit gemischten Gefühlen. Ich habe ein paar Fehler gemacht. Ich war etwas zufriedener, als ich gesehen habe, dass sich die anderen auch schwertun. Aber ich habe gesehen, dass ich, wenn alles gut läuft, auch im Vorstieg mit den besten Athleten mithalten kann. Das nehm ich mit!“

Das Finale der Frauen im olympischen Format findet am Freitag, den 11. August ab 19:00 Uhr statt, die Herren sorgen am Samstag, den 12. August ab 16:00 Uhr für den spannenden Abschluss der Kletter-Weltmeisterschaft.

WEITERES PROGRAMM IFSC KLETTER-WM BERN

10. August: Speed Damen & Herren, Qualifikation & Finale | Paraclimbing Damen & Herren, Finale
11. August: Boulder & Lead Damen, Finale
12. August: Boulder & Lead Herren, Finale

Foto: IFSC/Jan Virt

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