„Wer verkompliziert – der verliert“

41 Weltcuprennen bestritt Chiara Mair bislang. Fünfmal landete die Götznerin dabei unter den Top Ten. Die beste Platzierung, jeweils ein sechster Platz, gelang im Vorjahr in Kranjska Gora und beim weltmeisterlichen Slalom von Cortina d`Ampezzo. Was noch zum Sprung auf`s Stockerl fehlt und vieles andere mehr, verriet die 25-Jährige im Sportszene-Gespräch.

Chiara, bevor wir uns dem Skifahren widmen: Wie hast du den Sommer abseits des Sports verbracht?

Eines vorweg: Ich liiiiebe den Sommer, bin ein richtiges Sommerkind! Ich war viel am Meer und konnte komplett abschalten. Ansonsten habe ich eigentlich den ganzen Tag draußen verbracht und habe Dinge getan, die mir Spaß machen, oder die sich mit dem Training verbinden haben lassen. Wie zum Beispiel Reiten, Downhillbiken, Skateboarden, Schwimmen… Manchmal ist es mir so vorgekommen, als ob die Tage im Sommer „busier“ wären als im Winter (lacht).

Wie man dich kennt, ist das Training dabei nicht zu kurz gekommen. Worauf hast du in der Vorbereitung besonderes Augenmerk gelegt?

Puh, das ist eine gute Frage. Natürlich lag die Optimierung des Materials sowie die Verbesserung der Technik im Vordergrund – das ist eh klar. Jedoch habe ich mich persönlich auch extrem entwickelt und verändert. Ich habe versucht viel Wert und Vertrauen in mein Gefühl und meine Intuition zu legen. Da fällt mir ein Spruch ein: „Nicht jeder der dir Gutes wünscht, will auch wirklich das Beste für dich.“ Ich denke, dass mir meine persönliche Weiterentwicklung in meinem Job als Skifahrerin extrem geholfen hat und dies auch noch tun wird.

Du hattest in der Vorsaison oftmals gesundheitliche Probleme. Wie geht es dir aktuell?

Ich bin, wie auch die letzten Monate schon, topfit. Ich habe mir im Frühjahr extrem viel Zeit gegeben und mehr Therapien absolviert als in meiner ganzen Karriere zuvor. Ich habe auch sehr an mir selber, meiner Einstellung, meinen Sichtweisen und meinem Wohlergehen gearbeitet. Ich muss wirklich sagen, dass ich sehr dankbar für die Menschen bin, welche ich auf meinem Weg kennengelernt habe. Ohne meine Wunderheiler und Supporter im Hintergrund würde ich heute definitiv nicht mehr Skifahren können.

Apropos Skifahren: Der Saisonauftakt verlief mit den Rängen 19, 23 und 25 bislang nicht nach Wunsch. Wie fällt ein erstes Resümee aus?

Aufgrund meines Markenwechsels im Sommer war ich noch nicht ganz bereit und wettbewerbsfähig. Das war mir aber auch bewusst. Ich hab mich trotzdem sehr auf die ersten Rennen gefreut und es war auch cool wieder am Start zu stehen und das Rennfeeling zu spüren. Auf jeden Fall werde ich die nächsten Tage nutzen um meine Form zu finden sowie das Material zu perfektionieren um in Lienz (28. und 29. Dezember, Anmerk.) wieder als schnelle Chiara am Start zu stehen.

Du sprichst das neue Material an. Wie kommst du damit zurecht?

Ehrlich gesagt fühle ich mich einfach frei und gehört. Wir arbeiten bei MDV (Marker Dalbello Völkl, Anmerk.) sehr eng zusammen. Es wird auf die Wünsche, Meinungen und Ideen eines jeden einzelnen Athleten viel Wert gelegt. Die Arbeit die wir im Team betreiben ist wirklich perfekt und wird in Zukunft noch reichlich Früchte tragen! Ich fühle mich wohl und bin sehr dankbar mit solch kompetenten und professionellen Leuten arbeiten zu können. Zudem habe ich auch einen neuen Kopfsponsor (schmunzelt). Ich bin sehr happy, mit Holter einen Partner gefunden zu haben, der in Sachen Wohlbefinden zu 100 Prozent zu mir passt.

Für Wohlbefinden würden wohl auch Top-Ergebnisse sorgen. Wie schauen die Saisonziele aus?

Die sind klar definiert. Ich will im Slalom ganz nach vorne. Und natürlich werde ich auch die eine oder andere Disziplin wie Riesentorlauf mitnehmen und will dort konstant unter die Top 30 fahren.

Du bist im Weltcup bislang fünfmal in die Top Ten gefahren. Wie groß sind die Chancen, dass du aufs Stockerl oder gar ganz nach oben fährst?

Mit dem Materialwechsel und dem Potential das im neuen Material sowie in mir steckt, ist es auf jeden Fall möglich. Ich muss nur noch einige Puzzleteile richtig zusammenfügen und dann wird das sicher ganz, ganz gut werden. Ein Stockerlplatz ist auf jeden Fall eines der Ziele!

Ein anderes ist wohl Olympia! Ginge mit einer Qualifikation für Peking ein Kindheitstraum in Erfüllung?

Natürlich ist das Ziel eines jeden Athleten eine Medaille bei Olympia. Jedoch ist es auch nur ein Rennen wie jedes andere auch. Selbe Disziplin, selbe Tore wie immer abwechselnd in rot und blau, selbe Gegnerinnen und, und, und. Deshalb sehe ich es nicht viel anders als ein Weltcuprennen. Sicher ist ein Sieg bei Olympia 100mal mehr wert als im Weltcup. Jedoch sollte die Herangehensweise die selbe sein. Denn wer verkompliziert verliert.

Für Peking gilt: Wer sich nicht impfen lässt muss in Quarantäne. Wie stehst du zum Thema Corona und Impfpflicht?

Ich denke mein Job ist es schnell Ski zu fahren. Alles andere was mich ablenkt oder mir unnötig Energie abzieht habe ich schon lange links liegen gelassen. Deshalb werde ich mich nicht über meine Meinung zu diesem Thema, welches nicht nur die „Skifahrerin Chiara“ sondern auch die „private Chiara“ betrifft, äußern. Privat bleibt privat.

Zurück zum Sportlichen: Wen gilt es in den technischen Disziplinen zu schlagen? Wer sind die großen Favoritinnen?

Mir kommt es so vor, dass es jedes Jahr noch enger wird. Die Athletinnen werden von Jahr zu Jahr stärker und die Spitze rückt noch mehr zusammen. Deshalb ist es sehr schwer vorherzusagen wen man als Favoriten zählen kann. Jedenfalls ist die Zeit vorbei in der ein oder zwei Fahrerinnen alle Disziplinen dominiert haben.

Gibt es eigentlich ein Rennen worauf du dich besonders freust?

Ja! Auf das „Nightrace“ in Flachau freue ich mich besonders. Ein Heimrennen und diese Wahnsinns-Atmosphäre sind eine mega Kombi!


RS: Eindrücke, die man mit Sicherheit dann auch auf deinem Instagram-Account vermittelt bekommt. Wie stehst du generell zum Thema „Social Media“?

Ehrlich gesagt hasse ich mein Handy (lacht). Aber es ist mir sehr wichtig authentisch und ehrlich zu sein. Durch „Social Media“ hat sich unsere Welt soviel zum Schlechteren verändert: Leute reden nicht mehr miteinander, Streits entfachen nur wegen „Social Media“, das Mobbing hat eine ganz andere Dimension angenommen. Deshalb bin ich wirklich kein Fan von meinem Handy, versuche aber dennoch meine Fans und Follower am Laufenden zu halten und ihnen fern von der ganzen „Fakewelt“ von „Social Media“ wenigstens hier die „echte Chiara“ zu zeigen.

Eine letzte Frage zum Schluss: Welche Schlagzeile würdest du am Ende der Saison gerne über dich lesen?

(lacht): Das ist eine sehr knifflige Frage. Wahrscheinlich wäre es irgendwas in der Art wie: Die lang verdiente und hart erarbeitete Genugtuung.

Wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen für die Zukunft alles Gute

Nach einen durchwachsenen Saison-Auftakt freut sich Chiara Mair auf die Heimrennen in Lienz Ende Dezember. Fotos: Mair

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