Nach sieben Monaten Athletiktraining und Materialentwicklung starten Österreichs Kunstbahn-Rodler mit dem Eistraining in die finale Phase der Vorbereitung. Insgesamt vier Wochen bleiben den heimischen Assen, ehe die Olympiasaison mit der Weltcuppremiere von Peking eingeläutet wird.
Der Start ist im Rodelsport das Um und Auf, die Beschleunigung auf den ersten Metern macht in Folge den Unterschied aus. Deshalb wurde während der Vorbereitung einmal mehr in die Explosivität und Schubkraft die meiste Energie gesteckt. Ob sich die knapp siebenmonatige Schwerarbeit im Kraftraum gelohnt hat, wird sich erst weisen, die Hausaufgaben scheinen aber sehr ordentlich gemacht worden zu sein. Denn beim vergangenen internen Vergleichswettkampf auf der hauseigenen Startanlage purzelten jede Menge Rekorde. Den stärksten Eindruck hinterließen Madeleine Egle und Nico Gleirscher mit neuen Startrekorden, auch die Doppelsitzer Yannick Müller/Armin Frauscher und Juri Gatt/Riccardo Schöpf ließen mit persönlichen Bestzeiten aufhorchen. Ebenfalls erfreulich war der Auftritt von Reinhard Egger, dem auf der Startanlage der erhoffte Befreiungsschlag gelang. Der 32-jährige Tiroler, der in der Vorsaison aufgrund von Rückenproblemen am Start kaum vom Fleck kam, zumeist im geschlagenen Feld landete und seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht wurde, meldete sich nach einer intensiven Therapie im Frühjahr und einem gezielten Aufbauprogramm gesund und konkurrenzfähig zurück. Der Vize-Weltmeister von 2019 erfüllte die internen Vorgaben in einem Vergleichswettkampf, zeigte sich im Anschluss erleichtert und motiviert zugleich.
Reinhard Egger: „Die vergangenen 18 Monate waren aufgrund von Verletzungspech und mangelnder Leistungen sehr herausfordernd. Mir war klar, dass etwas passieren muss, da ich sonst meine Kaderzugehörigkeit aufs Spiel gesetzt hätte. In erster Konsequenz ging es darum die Schäden zu beheben und schmerzfrei zu sein, in zweiter Kraft und Beweglichkeit aufzubauen, um somit die Explosivität wieder zurückzugewinnen. Ich habe mir selber sehr viel Druck gemacht, bin brutal happy, am Start wieder konkurrenzfähig zu sein. Jetzt gilt es den Schwung in die Bahn mitzunehmen und jeden einzelnen Tag auf dem Eis bestmöglich zu nützen.“
Konkurrenzkampf als Turbo
Damit ist ein teaminternes Gerangel um die Startplätze vorprogrammiert. Im Weltcup sind vier Einsitzer pro Nation zugelassen, bei den Spielen lediglich drei. Mit Olympiasieger David Gleischer, Bruder Nico, Jonas Müller, Wolfgang Kindl und Reinhard Egger drängen gleich fünf ÖRV-Herren ins Rampenlicht. Auch bei den ÖRV-Damen nimmt der Konkurrenzkampf dank Selina Egle zusätzlich Fahrt auf. Die 18-Jährige, die nach ihrem erfolgreichen Schulabschluss in ihre erste komplette Saison in der allgemeinen Klasse startet, will sich wie ihre ältere Schwester Madeleine, Hannah Prock und Lisa Schulte eines der drei Olympiatickets sichern. Bei den Doppelsitzern, wo pro Nation zwei Olympia-Startplätze vergeben werden, gehen mit den Gesamt-Weltcupsiegern Thomas Steu und Lorenz Koller, Yannick Müller und Armin Frauscher sowie Juri Gatt und Riccardo Schöpf drei ÖRV-Schlitten in die interne Ausscheidung. Bei Erfüllung der internen Qualifikationskriterien werden bis Weihnachten je zwei Damen und Herren, sowie ein Doppelsitzer vornominiert, die restlichen ÖRV-Olympiastarter werden bis spätestens 17. Jänner 2022 namhaft gemacht.
Cheftrainer und Sportdirektor René Friedl: „Wir sind im Vergleich zu Pyeongchang 2018 noch breiter aufgestellt, haben eine bärenstarke Truppe, die gut arbeitet und sich gegenseitig pusht. Die Hausaufgaben sind gemacht, jetzt geht es um den Feinschliff, die Arbeit am und mit dem Schlitten. Ab Mitte Oktober wird eine Rangliste geführt, in die sämtliche Ergebnisse, auch interne Trainingswettkämpfe, miteinfließen. Jeder ist gefordert, für uns hat der Countdown für Peking längst begonnen.“
Volles Programm
Mit dem Start des Eistrainings am kommenden Wochenende rücken die finalen Aspekte der Vorbereitung in den Fokus. Zum einen gilt es wieder das nötige Gefühl für den Schlitten aufzubauen, zum anderen steht das neu entwickelte Material auf dem Prüfstand. Getestet wird zunächst in Lillehammer und Sigulda, anschließend folgen ein paar Trainingstage in Innsbruck-Igls, ehe auf den deutschen Bahnen in Oberhof und Altenberg die finalen Testfahrten erfolgt. Am 2. November hebt das ÖRV-Team nach Peking ab, wo zwei Wochen später die Weltcuppremiere der Olympiabahn in Yanqing auf dem Programm steht. Auf den anschließenden Doppelpack in Sotschi folgt der Weltcup in Altenberg und das Heimspiel in Innsbruck-Igls (17.-19.12.). Nach den darauffolgenden nationalen Meisterschaften ist den Athlten eine dreitägige Weihnachtspause vergönnt ist. Das neue Jahr startet mit der Punktejagd in Winterberg, anschließend geht es nach Sigulda und Oberhof, das Weltcupfinale geht wie im Vorjahr in St. Moritz über die Bühne. Beim Showdown in der Schweiz werden im Race im Race Modus auch die EM-Medaillen vergeben. Stichwort Europameisterschaft: Jene der Junioren findet im brandneuen Eiskanal von Bludenz, der am 29. Oktober 2021 eröffnet wird, statt.
Rennkalender 2021/22:
19.-21.11. WC Yanqing (CHN)
26.-28.11. WC Sotschi (RUS)
03.-05.12. WC Sotschi (RUS)
10.-12.12. WC Altenberg (GER)
17.-19.12. WC Innsbruck-Igls (AUT)
21.-23.12. ÖM/TM Innsbruck-Igls (AUT)
31.12.-02.01. WC Winterberg (GER)
07.-09.01. WC Sigulda (LAT)
14.-16.01. WC Oberhof (GER)
15.-16.01. JEM/Bludenz (AUT)
21.-23.01. WC/EM St. Moritz (SUI)
04.-20.02. Olympische Spiele
Foto: ÖRV