Hiobsbotschaft für den Kletterverband Österreich: Jessica Pilz (ÖAV Haag) fällt mit einer Verletzung mehrere Wochen aus.
Die Olympia-Fixstarterin zog sich im Finale des Boulder-Weltcups in Salt Lake City (USA) am vergangenen Wochenende eine Fingerverletzung zu. Nähere Untersuchungen haben nun die Vermutung des Teamphysios bestätigt, dass das Ringband am linken Ringfinger gerissen ist. Pilz muss sich auf eine mehrwöchige Wettkampfpause einstellen und das Training zur Olympiavorbereitung aufgrund der Verletzung dementsprechend adaptieren.
Olympia-Teilnahme nicht in Gefahr
„Es ist im Finale passiert, ich habe gleich gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Ich bin den nächsten Boulder dann noch geklettert, aber die Verletzung war zu merken“, so Pilz, die für die nähere Untersuchung nach der Rückkehr am Donnerstag extra einen Fingerspezialisten in Bamberg in Bayern aufsuchte.
Dort erfolgte die ernüchternde Diagnose durch Dr. Volker Schöffl: Die Wahl-Tirolerin darf den Finger zwei Wochen nicht belasten, danach folgt ein behutsamer Aufbau. Wettkämpfe bzw. Weltcups wird sie in den nächsten Wochen keine bestreiten, ein Antreten bei den IFSC Austria Climbing Open in Innsbruck (22. bis 26. Juni) ist so gut wie ausgeschlossen.
Die Teilnahme bei den Olympischen Spielen ist laut dem Fingerspezialisten nicht in Gefahr. Pilz: „Dr. Volker Schöffl hat gemeint, dass der Finger bis Tokio wieder bei hundert Prozent ist, das ist zumindest eine gute Nachricht. Der Aufbau bis dahin wird nicht einfach, weil man sich eigentlich bei Wettkämpfen das notwendige Selbstvertrauen und die Sicherheit holt. Es ist schade, weil ich gerade im Bouldern gut in Fahrt gekommen bin und jetzt das Lead-Training beginnen sollte. Man kann es nicht ändern, das große Ziel ist und bleibt Olympia.“
„Nehme die Herausforderung an“
Gleich nach der Diagnose wurden mit KVÖ-Nationalcoach Kilian Fischhuber und KVÖ-Sportdirektor Heiko Wilhelm die nächsten Schritte geplant. „Es ist leider eine typische Verletzung für Kletterer und ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt so knapp vor den Olympischen Spielen. Wir blicken aber bereits wieder nach vorne, erstellen mit Physios und Spezialisten ein eigenes Trainingsprogramm. Es wird ein Prozess, der in Etappen verläuft und niemand kann wissen, wie sich das ganze entwickelt“, meint KVÖ-Coach Fischhuber, der seine Athletin aber keinesfalls abschreibt: „Es wird für Tokio nicht ideal sein, weil die Vorbereitung anders laufen wird, das ist klar. Aber vielleicht nimmt es sogar etwas Druck, und Jessy kann befreit an den Start gehen. Wie ich sie kenne, wird sie nach den zwei Wochen Ruhephase einen enormen Biss entwickeln. Wir werden einen guten Plan erstellen und dafür sorgen, dass sie in der den Umständen entsprechend bestmöglichen Verfassung nach Tokio fährt.“
Während der Finger in den nächsten zwei Wochen ruhiggestellt werden muss, absolviert Pilz im Olympiazentrum Campus Sport Tirol Innsbruck und im Bundesleistungszentrum in Innsbruck Athletik-, Kraft-, und mit den Betreuerstab speziell abgestimmtes Klettertraining, bei dem der verletzte Finger nicht belastet wird.
Die Vorstiegs-Weltmeisterin von 2018 zeigt sich kämpferisch: „Man muss es akzeptieren, wie es ist – es hätte auch das Olympia-Aus sein können. Am Donnerstag nach der Untersuchung bin ich bereits wieder geklettert, eben nur mit der rechten Hand. Ich muss jetzt kleine Schritte gehen, von Tag zu Tag schauen, wie sich der Finger und die Verletzung entwickeln. Was mich optimistisch stimmt, ist die Unterstützung, die ich von Trainern, Verband und meinen Partnern wie ASP Red Bull bekomme. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, aber ich nehme die Herausforderung an.“
Das KVÖ-Betreuungsumfeld zeigt sich sehr optimistisch, dass das Antreten bei den Olympischen Spielen nicht in Gefahr ist, was nach dem ersten Dämpfer Mut und Motivation für die nächsten acht Wochen gibt.
Foto: KVÖ/Heiko Wilhelm